Synthetische Realitäten. Generative KI und digitale Bildkompetenz
Projekt C4
Mit der massenhaften Verbreitung KI-generierter visueller Inhalte auf Social-Media-Plattformen scheinen die Grenzen zwischen Aufzeichnung und Simulation zunehmend zu verschwimmen, und bisherige Verständnisse von Realismus und visueller Evidenz werden neu ausgehandelt. Um sich in den damit entstehenden synthetischen Realitäten zurecht zu finden, sind neue Formen der digitalen Bildkompetenz oder «digital visual literacy» gefragt.
Das Projekt befasst sich mit KI-generierten Bildern und Videos, die explizit oder implizit religiöse Themen, Ikonographien und Repräsentationsmuster aufgreifen. Wir analysieren einerseits ihre ästhetischen Strukturen, Formate, Genres und ideologischen Implikationen und andererseits ihre Rezeption inmitten sich wandelnder Auffassungen visueller Wahrheit.
Aufgrund ihrer infrastrukturellen Bedingungen neigt KI-Bildgenerierung dazu, visuelle Stereotype zu reproduzieren und zu verstärken. Wie Religion als Markierung von Identität und Andersheit in KI-generiertem visuellen Material auftaucht und wie junge Erwachsene diese Darstellungen interpretieren und aushandeln ist daher von besonderem Interesse. Dabei geht das Projekt über ein binäres Verständnis von «real» oder «fake» hinaus, indem es danach fragt, wie KI-generierte visuelle Inhalte affektive Reaktionen hervorrufen und dadurch Wahrheitsvorstellungen und Realitätswahrnehmungen transformieren und beeinflussen.
Methodisch kombiniert das Projekt medien- und akteurszentrierte Zugänge, wobei sowohl Methoden der Digital Ethnography und der Visual Culture Studies als auch qualitativ-sozialempirische Methoden zum Einsatz kommen. Als Forschungsmaterial dienen KI-generierte visuelle Inhalte auf ausgewählten Social-Media-Plattformen sowie die Online-Kommentare, Diskussionen und weiteren sozialmedialen Praktiken und Rahmungen, in die sie eingebettet sind.